Lange Jahre hatte der Verein des “Malteser Reitercorps“ das große Areal am Hüttweg von der Stadt gepachtet. Nun kündigte der Verein zum 31. 12. 2021 das Pachtverhältnis. Wegen der rückläufigen Zahl der aktiven Reiter war es keine Überraschung, dass das Malteser Reitercorps den Platz aufgeben wollte.

Für die weitere Nutzung des großen städtischen Geländes gibt es einige Ideen, die in konstruktiven Gesprächen mit der Stadt und den St. Georgener Vereinen ausgetauscht wurden. Es bot sich nun die große Chance, die etwa 9000 Quadratmeter in Segmente aufzuteilen, um das Areal für mehr Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten zu nutzen. Der Turnverein St. Georgen und ein eigenständiger Beachverein können sich vorstellen, Beachvolleyball-Felder und andere Beachsportarten zu betreiben. Lange schon ist vom Bürgerverein St. Georgen ein öffentlicher Boule-Platz angedacht, der ebenfalls auf einem Teil des Geländes gebaut werden könnte.

An die Stadt Freiburg hatten sich schon 2020 junge Leute des Vereins Radlager e.V. gewandt, die mit ihren selbst ausgebauten Wagen einen pachtbaren Wohnplatz suchten, um gemeinsam kreative Zukunftsvisionen verwirklichen zu können. Das Referat für bezahlbares Wohnen prüfte die Möglichkeit, einen Teil des großen Areals der Wageninitiative als Zwischennutzung mit einer Pachtdauer von fünf Jahren zur Verfügung zu stellen. Referatsleiterin Sabine Recker und auch der Bürgerverein St. Georgen sind vom Konzept der meist jungen Leute überzeugt. Sie sehen in der befristeten Verpachtung die Chance, eine gute Zwischennutzung zu ermöglichen, bevor auf Grundlage des noch zu erstellenden Rahmenplans „Sportpark FR-Süd“ diese Flächen neu geordnet werden können. Man freut sich auf Bewohner*innen, die den Platz pflegen und, wie die Gruppe betont, die Gestaltung des Platzes so ökologisch und nachhaltig wie möglich betreiben. Artenschutz und Baumpflege gehört dazu.

Die Stadt hat den Wohnplatz am Hüttweg auf maximal 30 Bewohner*innen begrenzt, im Moment haben sich in der Wageninitiative 12 Menschen von 20 bis 40 Jahren zusammengefunden. Die Initiative pflegt eine Wohnform mit mobilen Fahrzeugen und hat ihre motorisierten „Tiny Houses“ meist selbst ausgebaut. Beruflich sind sie in den verschiedenste Richtungen tätig. Handwerker, Lehrerin, Baumpfleger, Holzbildhauer, um nur einige zu nennen. Gegen den Begriff „Wagenburg“ verwehren sie sich entschieden und lehnen ihn ab, denn: „Wagenburg ist etwas Abgeschottetes und wir wollen nicht abgeschottet sein“.

Zusammen wollen sie alternativ in der Natur wohnen und kreativ tätig sein. Sie sind offen für alle und freuen sich auf Kontakte und Fragen, die sie gerne beantworten. Das Areal am Hüttweg soll beides sein, ein schöner Wohnraum, aber auch Öffentlichkeit. Da Strom und Wasser vorhanden ist und eine Genehmigung der Stadt Freiburg vorliegt könnte ein Umzug noch vor Weihnachten möglich sein.

Andrea Engler vom Bürgerverein (BV) wollte „Radlager e.V.“ kennenlernen und traf sich mit Mitglieder*innen. Hier Auszüge aus dem Interview:

BV: Was ist der Reiz an dieser Wohnform? Die geringe Wohnfläche oder ist es eine große Naturverbundenheit?

Radlager: Es ist schon ziemlich toll, wieviel Zeit man draußen verbringt in der Natur, auch mal bei Regen rausgehen muss – aber so isses. Das Ziel ist es, nicht in dieser Plastikwelt zu landen, die sich immer mehr herauskristallisiert. Wir haben eben viel weniger Platz, ich habe meine paar Quadratmeter… und die reichen mir.

Ich meine, dass wir mit unserem Lebensstil eher dem Minimalistischen entgegengehen sollten, und nicht immer weiterwachsen und weiterwachsen. Ich glaube, wir merken im Moment, dass unsere Ressourcen begrenzt sind. Vielleicht sollten wir anfangen, zurück zu fahren.

Gerade das Internet lädt doch ganz krass zum Konsum ein. Für mich ist das ganz klar eine Motivation, auf kleinem Wohnraum zu wohnen, wo man nicht so viel anschaffen kann. Und ich bin sehr, sehr froh über jede Reduktion, die dafür erforderlich wird. Die Leute kaufen trotzdem immer mehr und mehr, obwohl die Zeichen dafür stehen, nicht mehr so viel zu konsumieren. Man sieht doch, wie die Welt und die Natur sich entwickelt. Klimawandel und so.

BV: Was das Leben in der Gruppe anlangt. War es ein Ziel, nicht alleine zu wohnen?

Radlager: Das Wagenplatzkonstrukt hat alle positiven Sachen, die es im Wohngemeinschaftsleben gibt, weil man mit mehreren Leuten zusammenwohnt, also eine Art von Gemeinschaft hat. Ich wohne mit Leuten zusammen und kann mich doch zurückziehen.

BV: Wie wichtig ist das Zusammenwohnen und Zusammenleben?

Radlager:  Wie man sich als Gruppe reflektiert, wie man miteinander umgeht, das sind für mich alles zentrale Fragen. Jeder muss doch in jeder Wohnform und gerade auch beim gemeinschaftlichen Wohnen, Kompromisse eingehen. Man muss in der Gesellschaft sehen, wie man klarkommt und du musst dabei immer Kompromisse eingehen. Das Wohnen ist eine gutes Beispiel und ein Start, eben das zu lernen. Die Vereinzelung hat doch auch ein großes „Versackpotential“. Gerade während der Pandemie.

BV: Wie stellt ihr euch das Leben im Areal am Hüttweg vor?

Radlager: Ich glaube es ist immer ein Spagat von Öffentlichkeit und privatem Wohnen. Wir sind halt eine Gruppe, die demgegenüber aufgeschlossen ist. Wenn wir so was machen wollen, können wir uns nicht der Öffentlichkeit gegenüber abschotten. Wer Interesse an uns und unserem Wohnen hat kann gerne zu uns kommen und uns fragen – wir sind offen.

Der BV bedankt sich für das Gespräch bei den Mitglieder*innen von Radlager e.V.

Bei einer Platzbesichtigung am Hüttweg.
Sabine Recker (Leitung Referat für bezahlbares Wohnen ), Martin Maier (Vorsitzender Bürgerverein), Mitglieder*innen (Radlager e.V.) und Stefan Sigrist (Bürgerverein)
Foto: G. Sigrist

Eine gute Mischung! Gruppenbild auf dem ehemaligen Malteser Reitplatz.
Radlager Aktivist*innen stehen zwischen Gisela Sigrist (BV),Martin Maier (BV),Sabine Recker (Stadt Freiburg), Stefan Sigrist (BV)
Foto: A. Engler